Sorgt die Zahnspange für eine Kniebeugehemmung?
Der menschliche Körper ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedenster Funktionen. Ist eine davon beeinträchtigt, kann das sehr unterschiedliche Ursachen und Auswirkungen haben. Deshalb ist es oft hilfreich, über den eigenen fachspezifischen Tellerrand hinauszuschauen und sich dann auch mit Kollegen aus anderen Fachrichtungen auszutauschen bzw. interdisziplinär zusammenzuarbeiten. Das zeigt auch unser heutiges Fallbeispiel: ein männlicher Jugendlicher mit Kniebeugehemmung.
Der Jugendliche konnte sein Knie zwar normal strecken, aber nicht mehr über 90° beugen. Er wurde vom Orthopäden an unsere Praxis für Physiotherapie in Berlin Schmargendorf verwiesen, weil bildgebende Verfahren (MRT) keinen Hinweis auf eine mögliche Ursache für die Kniebeugeproblematik geliefert haben.
Was haben wir festgestellt?
Auch wir konnten bei der Untersuchung des Knies aus physiotherapeutischer Sicht keine Besonderheiten feststellen. Becken und Wirbelsäule waren ebenfalls unauffällig. Ungewöhnlich – und wie sich herausstellen sollte von Bedeutung – war jedoch seine Zahnspange.
Es stellte sich heraus, dass der Patient vor Kurzem eine aufwendige kieferorthopädische Behandlung erhalten hatte, in deren Verlauf ihm um einen hinteren Backenzahn in die Zahnspange ein fester Ring gesetzt wurde. Das hatte im weiteren Behandlungsverlauf zur Folge, dass der Patient mit den Backenzähnen nicht mehr richtig aufbeißen konnte. Er bildete eine CMD (eine Cranio-Mandibuläre-Dysfunktion) aus!
Um den Biss genau zu überprüfen, führten wir einen speziellen Test durch. Hierbei biss der
Patient auf ein Blättchen, sodass der Kontakt zwischen den Backenzähnen wieder hergestellt war und somit eine veränderte sensible Ansteuerung ans Gehirn erlaubte. Unglaublich, aber wahr: Beim Biss konnte er sein Knie wieder normal nach hinten beugen. Sobald das Blättchen jedoch entfernt wurde, zeigte sich die Kniebeugehemmung erneut. Unsere Schlussfolgerung: Die Kieferproblematik kann Auslöser der Beschwerden sein und ist daher Ansatzpunkt für unsere Behandlung.
Was haben wir gemacht?
Wir haben zum einen den gesamten Kieferbereich mit Manueller Therapie bearbeitet und die Muskulatur in dem betroffenen Bereich und bis hinunter in die Schulter aufgelockert. Zum anderen haben wir den Kontakt
zu dem behandelnden Kieferorthopäden gesucht und darum gebeten, an der Zahnspange den Ring um den Backenzahn zu lockern, um neue Verspannungen zu verhindern. Mit Erfolg: Im Verlauf der Behandlung verschwand die Kniebeugehemmung und der Patient konnte sich wieder uneingeschränkt bewegen.
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